Der Wiener Zentralfriedhof liegt gar nicht zentral, sondern weit außerhalb der Innenstadt in Simmering, nicht weit vom Flughafen Schwechat entfernt. Am schnellsten erreicht man ihn mit der U3 Simmering, und von dort dann noch einige Stationen weiter mit den Straßenbahnen 6 oder 71.
Der Haupteingang ist am Tor 2, dort startet auch die Buslinie 106 zu ihrem Rundkurs, der fast eine halbe Stunde dauert. Dies lässt schon erahnen, wie groß der Zentralfriedhof Wien ist. Tatsächlich ist er mit einer Fläche von fast 2,5 Millionen Quadratmetern ("halb so groß wie Zürich, aber doppelt so lustig") nach dem Friedhof Ohlsdorf in Hamburg die zweitgrößte Friedhofsanlage Europas.
Mit "Es lebe der Zentralfriedhof" hat ihn 1975 der Austro-Popstar Wolfgang Ambros unsterblich gemacht. 1974 feierte er sein 100 Jähriges Bestehen. Sein Image aber ist besser als die Wirklichkeit. Die Lage weit abseits vom Zentrum hat ihn sehr unpraktisch werden lassen. Daran ändern auch die vielen sichtbaren Bemühungen der Wiener Stadtverwaltung wenig, ihn attraktiv zu gestalten. Wer eine Stunde mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren muss, um von der Wohnung zum Grab zu kommen, wird eben seine Besuche dann auf Allerheiligen / Allerseelen beschränken. Man kann auch mit dem Auto hineinfahren, aber für viele Alte in der Großstadt ist dies auch keine Lösung, denn sie können sich ein Auto kaum leisten.
Die Ehrengräber, als Attraktion für Besucher gedacht, erleiden ein ähnliches Schicksal. Sie locken zwar die Touristen an, aber die dort Geehrten sind eher "vergraben und vergessen", als dass sie in der Erinnerung bewahrt werden. Wenn ich mir da zum Vergleich meinen Tübinger Stadtfriedhof ansehe, dann bietet er den Toten dort eine Heimat nahe den Lebenden, während der Zentralfriedhof doch eher nur als Aufbewahrungsort erscheint.
Dennoch empfehle ich den Besuch, schon allein wegen der Friedhofskirche, die ein wahres Jugendstiljuwel ist und die aufwändig renoviert wurde. Man sollte für den Besuch allerdings viel Zeit mitbringen, will man mehr als die Dr. Karl Lueger Gedächtniskirche und einige Ehrengräber sehen.
Für Besucher, die wenig Zeit haben, empfehle ich folgende Minimalroute. Vom Tor 2 geradeaus zur Kirche, mit einem Abstecher zu den Musikern, die links liegen. Dann die Präsidentengruft und ein kurzer Rundgang durch die wirklich sehenswerte Kirche, danach der Besuch einiger Ehrengräber links und rechts der Kirche. Viele erscheinen eher unscheinbar, z.B. auch das Grab von Bruno Kreisky, sie sind aber alle bestens gepflegt.
Man wird diese Gräber eher schätzen, kennt man die österreichische Geschichte und Kultur und die Bedeutung der Menschen, die diese kleine Land und die Stadt Wien geprägt und gestaltet haben.
Danach sollte man noch den Ehrenhain der Gruppe 40 aufsuchen. Dort ist u.a. das Grab von falco, eines der wenigen, das wirklich originell gestaltet ist und das auch Zeugnis ablegt, dass es häufig besucht wird. Auf der Gruppe 40 liegen viele bekannte Künstler der neueren Zeit.
Von der Gruppe 40 geht es dann direkt zum Tor 3, vorbei am Park der Ruhe und Kraft. Vom Tor 3 kann man dann auch noch die Ehrengräber entlang der Friedhofsmauer zurück zum Tor besuchen. Dort findet man überwiegend die Gräber aus früheren Zeiten. Bevor man den Friedhof verlässt, sollte man sich noch kurz eine anderes Jugendstilgebäude, die Halle 1, erbaut 1906 unter Dr. Karl Lueger, anschauen.
Für diese Minimalroute wird man je nach Führungstempo und Verweildauer etwa 1 bis 2 Stunden brauchen. Unterwegs gibt es zwar genügend Toiletten, jedoch keine Möglichkeit etwas zu essen (wie komme ich nur auf den perversen Gedanken, dass es auf dem Wiener Zentralfriedhof ein Cafehaus geben müsste?!). Gasthäuser, Kioske und auch Blumenhandlungen sind jeweils vor den Toren auf der Simmeringer Hauptstraße.
Braucht man eine Auskunft, dann erhält man diese (zumindest an den Öffnungszeiten an Werktagen) an der Friedhofsverwaltung am Tor 2. Der immer wieder angepriesene Führer zu den Ehrengräbern aber ist zur Zeit vergriffen.
Die Ehrengräber sind bei mir in vier Kategorien aufgeteilt. Sie sind jeweils auf eigenen Seiten:
Die Musiker (vor allem aus der Gruppe 32 A)
Die Prominenten aus Politik, Wirtschaft, Kunst und Kultur (bei der Friedhofskirche)
Der Ehrenhain mit Prominenten und Künstlern aus neuerer Zeit (Gruppe 40)
Gräber der Berühmten, die Ehrengalerie zwischen Tor 2 und Tor 3
Auf www.beruehmtegraeber.at von Christopher Dietz findet man berühmte Gräber von allen Wiener Friedhöfen.
Er erstreckt sich von Tor 1 über die ganze Breite bis zum Tor 11. Einen kurzen Eindruck bekommt man von ihm, wenn man beim Tor 1 aussteigt und einige Schritte in ihn hineingeht.
Gleich zu Beginn findet man die Gräber von Friedrich Torberg und Arthur Schnitzler.
Mit über 60.000 Gräbern ist er riesig, aber auch nicht in besonders gutem Zustand. Leider scheint dies das Schicksal vieler jüdischer Friedhöfe zu sein, dadurch bedingt, dass diese Gräber nicht aufgelassen werden können.
Die wenigsten Besucher werden sich die Mühe machen ihn ganz zu durchgehen. Auch ich habe die Buslinie genommen, um zu den am anderen Ende liegenden Grab von Viktor Frankl (ganz in der Nähe von Tor 11, Haltestelle 15A) zu kommen.
Er ist ein guter Platz für lange, nachdenkliche Spaziergänge und besonders gut geeignet die vielfältige Fauna des Friedhofs zu bewundern.
Eine kleine Anlage, die von der Haltestelle 17 aus leicht zu erreichen ist.
Sie hat mich nachdenklich werden lassen, ob es wirklich sinnvoll ist diesen riesigen Friedhof in religiöse Bezirke aufzuteilen. Zu seiner Eröffnung wurde dies als großer gesellschaftlicher Fortschritt gefeiert, aber für heutige Zeiten wäre m.M. eine Integration eher angebracht.
Sie wurde 1906 ebenfalls im Jugendstil erbaut und 1980 - 83 umgebaut und renoviert. Im Gegensatz zur weiter weg liegenden Halle 3 ist sie auch ohne Anlass einen Besuch wert.
Streng genommen ist sie nicht Teil des Zentralfriedhofs. Sie liegt etwas schräg gegenüber von Tor 2 auf der anderen Straßenseite und zeugt davon, dass Feuerbestattung in Wien immer noch nicht gerade populär ist.
Das Krematorium, wie es die Wiener nennen liegt ganz zentral im Urnenhain.
Da für mich selbst keine andere Form der Bestattung in Frage käme, habe ich sie auch auf dieser Seite integriert.
Man tut dem Zentralfriedhof Unrecht, wenn man sich nur auf die Hilites beschränkt. Birgt er doch jede Menge von interessanten Details und noch mehr an faszinierenden Geschichten, wenn man die Lebensläufe der hier Bestatteten kennen lernt.
Gerade der Anteil der Menschen aus anderen Kulturen zeigt verschiedene Wege sich der Vorfahren zu erinnern und gibt ein gutes Abbild der kulturellen Vielfalt Wiens.
Viele Gedenk- und Ehrenstätten erinnern an die turbulente Geschichte Wiens, wie an die Opfer des brutal niedergeschlagenen Aufstands vom 15. und 16. Juli 1927 oder an die russische Besatzung .
Ich konnte hier nur einen kleinen Teil zeigen, für intensivere Beschäftigung muss man sich, wahrscheinlich mehrmals, vor Ort informieren oder auch führen lassen.
Wer sich für die Wiener Friedhofskultur interessiert, wird sicherlich auch das Bestattungsmuseum im 4. Bezirk besuchen wollen. Der Eintritt ist frei, aber man muss sich anmelden. Die Führungen mit z.B. Mag. Dr. Wittigo Keller sind ein wahrer Leckerbissen für Liebhaber Wiener Kulturgeschichte.
www.euxus.de/wien-zentralfriedhof.html